Warum ich IHK Prüfer wurde

Warum ich IHK Prüfer wurde

IT-Fachkräftemangel ist fast so alt wie das Wort selbst

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Die Informations- und Kommunikationstechnologie (IT) war auch im Jahr 2021 noch immer ein stark expandierendes Feld. Häufig war zu hören, dass qualifizierte Fachkräfte kaum zu finden sind und Deutschland auf einen Fachkräftemangel zusteuert. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bedürfen einer objektiven Einschätzung, wie sich die Fachkräftesituation tatsächlich berufsfachlich und regional darstellt.
Im August 2000 wurde das Sofortprogramm zur Deckung des IT-Fachkräftemangels, die deutsche Green Card, eingeführt. Diese hatte das Ziel, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Ausländische Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der IT sollten auf eine "unbürokratische" Weise ins Land geholt werden. Der Erfolg der Initiative ist umstritten und noch immer gibt es nicht ausreichend Fachkräfte um die Nachfrage des Marktes zu bedienen.
Wie aber konkret raus aus dem Dilemma, geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Softwaretest und die Qualitätssicherung in einem Unternehmen gewinnen? Im Grunde ist es recht einfach: Den Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern selbst ausbilden!

Unser Ausbildungssystem kennt zwei Wege, um in der IT wirken zu können. Ein einschlägiges IT-Studium oder eine entsprechende Industrie- und Handelskammer (IHK) Ausbildung. Letzteres beschränkt sich (Stand Sommer 2024) auf vier IT-Ausbildungsschwerpunkte. Da wäre der Fachinformatiker (m/w/d) für
1. Anwendungsentwicklung
2. Systemintegration
3. Digitale Vernetzung
4. Daten- und Prozessanalyse
Allerdings benötigt professionelles Testen von Softwareprodukten gut qualifizierte Personen und passende Organisationen, um in effizienten Prozessen für die Qualität des Produktes zu wirken. Das betrifft nicht nur die Ausbildung und Spezialisierung von berufsmäßigen Testpersonen, sondern auch die Integration von Testwissen in andere Aufgabengebiete sowie den Aufbau passgenauer, projektspezifischer und projektübergreifender Organisationen.

Die IHK bietet aktuell keinen Ausbildungsberuf an, um auf die steigende Nachfrage in der IT-Qualitätssicherung zu reagieren. Softwaretester, Testautomatisierer, Last- und Performancetester, Sicherheitstester oder Testmanager gibt es nach einer dreijährigen IHK-Ausbildung leider nicht.

Das Berufsbild ‚Tester‘ des German Testing Boards (GTB) bietet eine Orientierungshilfe für Personen und Organisationen, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zur Gewährleistung von Software-Qualität besser entgegentreten zu können.

Als akkreditierter ISTQB® Certified Tester Foundation Level Trainer trage ich diesem Missstand bereits Rechnung. Im Grundlagenseminar ISTQB® CTFL erlangen die SeminarteilnehmerInnen einen umfassenden Überblick über Aufgaben, Methoden und Techniken des Softwaretests. Sie lernen alle Schritte des Softwaretest-Prozesses kennen: Von der Planung über die Spezifikation bis zur Durchführung und Protokollierung von Tests.

Für alle meine MitarbeiterInnen strebte ich als Bereichsleiter in einem IT-Beratungshaus den Besuch der ISTQB® CTFL Schulung inkl. Zertifikatsprüfung an. Dies half nicht nur unseren BerufseinsteigerInnen aus dem Studium oder einer der o. g. Ausbildungsberufe, sondern eröffnet auch den alten Hasen neue Blickwinkel.

Gerne investierte ich als Bereichsleiter sowie IT-Trainer Zeit und Know-how in die Aus- und Weiterbildung meiner MitarbeiterInnen. Nicht praxisnahe Aufgaben, sondern die tatsächliche Einbindung in reale Projektaufgaben ist meiner Meinung nach der beste Lehrmeister. Wiederkehrend gestaltete ich zusammen mit dem Team ‚Qualitätsmanagement‘ (QM) spannende Aufgaben, bei denen IT-WerkstudentInnen das Team, den Bereich und die Firma kennenlernten. Die Programmier- und Datenbankkenntnisse reicherte ich gewinnbringend, um die Methoden und Kenntnisse des Softwaretests an und gestaltete so das digitale Übermorgen. Zusammen mit WerkstudentInnen entwickelte ich Lösungen für den operativen Softwaretest und gestaltet bestehende Auditverfahren effizienter, indem ich viele Arbeitsschritte automatisierte.
Dennoch bin ich der Auffassung, dass unser Ausbildungssystem noch Gestaltungsspielraum besitzt, um den Bedarf an Fachkräften zielgerichtet zu decken.

What next

Wenn ich a. die Belange der Wirtschaft kenne,
b. mehrjährige Berufserfahrung habe,
c. als IT-Trainer praxisnah Wissen vermittle,
d. Werkstudentinnen und Werkstudenten real in Softwareentwicklungs- und Qualitätssicherungsprojekt einbeziehe und
e. nun als IHK-Prüfer die Anforderungen an die IHK IT-Ausbildungen kenne,
warum dann nicht zusammen mit weiteren Mitstreitern aus dem großen Themenfeld der Software-Qualitätssicherung prüfen, ob wir den Status-Quo weiter optimieren können? Nur so können wir qualifizierte, IT-affine, wissbegierige Kolleginnen und Kollegen hinzugewinnen, die ihr Steckenpferd nicht bereits in der Programmierung, in der Administration oder in der Datenanalyse haben oder danach suchen, sondern in der Qualitätssicherung entfalten.

Das Gesamtbild setzt sich aus vielen Puzzleteilen zusammen. Für mich war das Puzzleteil der Rolle des IHK-Prüfers das, welches ich einige Jahre aktiv durchgeführt habe, da ich als Mitglied des IHK-Prüfungsausschuss berufen wurde. Ich konnte das Puzzle fertigstellen und den Fachkräftenachwuchs qualitätssicher prüfen. So konnte ich meine bereits gewonnene Kompetenz gewinnbringend einsetzen, den Nachwuchskräften Einblicke in den Praxisalltag gewähren und so dem Fachkräftemangel schon heute entgegenwirken.

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Qualitätsmanagement

Fazit

Als Prüfer bei der IHK wird nur jemand berufen, der sich für diese Aufgabe aktiv bereit erklärt und dafür auch geeignet ist. Als Prüfer gewährleistete ich, dass die Qualitätsstandards eingehalten und alle Anforderungen an den Beruf des Fachinformatikers praxisgerecht geprüft wurden. Hier war praktisches Wissen aus dem Berufsalltag und theoretischer Background gefragt. Ohne die PrüferInnen der IHK gibt es keine beruflich qualifizierten Fachkräfte. Nach dem Prinzip „Fachleute prüfen Fachleute“ sicherte ich die Qualität des Fachkräftenachwuchses in einem der vier genannten IHK-Ausbildungsberufe in Deutschland. In meiner Rolle nahm ich vielfältige Aufgaben wahr. So ermittelte und bewertete ich die Prüfungsleistungen und entschied verbindlich über das Prüfungsergebnis mit.

Aus der Prüfertätigkeit ergaben sich auch positive Aspekte für den Arbeitgeber und Auszubildenden. Das Unternehmen sammelte unter anderem wertvolle Erfahrungen für die Ausbildung in der eigenen Organisation. Dem Auszubildenden konnte ich die Prüfungsangst nehmen. So trainierten wir Präsentationen und nahmen so den Azubis die Angst vor der mündlichen Prüfung.




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